INTERVIEW MIT ELKE VOGELSANG

03.05.2019

INTERVIEW MIT ELKE VOGELSANG

Ihre Hundebilder zieren die Titelseite vieler bekannter Zeitschriften. In unserem Interview verrät die Fotografin spannende Tricks für emotionale und urige Hundeportraits sowie knackscharfe Bewegungsaufnahmen.

 

Hallo Elke, wie bist du zur Fotografie gekommen und weißt du noch, was deine erste Kamera war?

Meine erste Kamera bekam ich, als ich wohl etwa 6 Jahre alt war. Es war eine Kodak Instamatic Pocketkamera. Meine Mutter musste schon immer alles fotografisch festhalten und hat mir dann auch immer eine Kamera auf Klassenfahrt mitgegeben. Lange Zeit hab ich analog fotografiert. So hab ich über die Jahre viel geknipst. 2004 bekam ich meine erste Digitalkamera, wodurch mein Interesse wieder ein wenig auflebte.

 

 

Mit meinem ersten eigenen Hund, Noodles, bekam ich dann 2007 ein Modell ins Haus, das mir richtig Spaß machte. Mein Mann und ich waren dann einige Jahre, beginnend vor etwa 12 Jahren, viel mit kranken Angehörigen beschäftigt, was sehr stressig war. Als Ausgleich hatte ich mir vorgenommen, ein Ein-Bild-pro-Tag zu starten. Starten wollte ich am 01.01.2010. An Weihnachten 2009 fand ich meinen Mann bewusstlos in der Badewanne. Das Chaos war komplett. Die Diagnose war eine schwere Hirnblutung aufgrund eines rupturierten Aneurysmas.

Ich begann das Projekt, obwohl mein Mann im Koma lag oder eher gerade deswegen. Es war zum einen ein fotografisches Tagebuch für ihn als auch mein Versuch, ein bisschen Normalität aufrecht zu erhalten. Glücklicherweise wurde mein Mann wieder vollständig gesund. Aber der Stress hielt an und da ich die Fotografie als kreativen Ausgleich für mich entdeckt hatte, machte ich weiter jeden Tag Fotos. Meine Hunde, die begeistert mitmachen, waren und sind auch heute häufig meine Motive.

 

 

Immer mehr Leute fragten mich, ob ich auch ihren Hund fotografieren könnte, so beschloss ich, mein Leben mehr nach meinen Vorlieben auszurichten. Ich wollte fotografieren. So meldete ich im Mai 2011 ein Gewerbe als Fotografin an. Meinen freiberuflichen Job als Übersetzerin hab ich nach und nach ausgeschlichen. Heute arbeite ich erfolgreich vollberuflich als Fotografin mit Spezialisierung auf Haustierfotografie, was mir enorm viel Spaß macht. So hat dann auch dieses Unglück letztendlich sein Gutes gehabt.

 

 

Deine Bilder sind auf der Titelseite vieler bekannter Zeitschriften zu finden, u.a. dem Sunday Times Magazine, Fotoforum, digit!, uvm. Was fasziniert dich so an der Fotografie mit Tieren, insbesondere Hunden, und wie kam es zu der Idee und dem Stil der unverkennbaren „Hunde im Studio“ Aufnahmen?

Meine Spezialisierung auf Hunde im Studio kam eigentlich recht ungewollt meinerseits. Ich habe einige Jahre das Ein-Bild-pro-Tag-Projekt durchgehalten. Im Winter jedoch war ich zu faul meine Kamera bei schlechtem Wetter mit nach draußen zu nehmen. Ich kaufte einen günstigen Blitz und machte erste Studioversuche, empfand Studiofotografie jedoch als extrem langweilig. Ich stelle mir gelangweilt dreinschauende Hunde auf Pappen liegend vor. Das wollte ich so nicht. Daher hab ich von Anfang an versucht, etwas zu schaffen, was ich spannender finde. So kam es zu den zuweilen eher urigen und lustigen Portraits. Das kam gut an und ging viral. Heute macht mir die Studiofotografie sehr viel Spaß.

 

 

Dadurch dass ich selber drei Hunde habe, liegt es nah, diese als Motiv zu nehmen. Zu Beginn meiner Laufbahn als beruflich tätige Fotografin habe ich alles fotografiert. An der Fotografie finde ich so spannend, dass es unendlich viele Motive und Möglichkeiten gibt. Beruflich jedoch schwöre ich auf mittlerweile auf Spezialisierung. Ich denke, dass man für etwas ganz Bestimmtes stehen muss, damit sich die Leute an dich erinnern und zu dir kommen.

 

 

Wo liegen für dich die größten fotografischen Herausforderungen bei deiner Arbeit?

Wenn wir mal von den Besitzern absehen, die zuweilen mehr Beruhigung benötigen als die Tiere, sind die größte Herausforderung natürlich die unterschiedlichen tierischen Persönlichkeiten. Natürlich gibt es die Modelle, die ganz wunderbar mitmachen. Bei Katzen kann das schon schwieriger sein. Wenn eine Katze nicht mitmachen will, kann man eigentlich einpacken. Einem Hund kann man schon mal sagen, er soll für Leckerlies weiter posieren.

 

 

Ich habe schon sehr viele Hunde getroffen. Mit jedem lernt man einen neuen Trick, ihn zu motivieren. Daher fällt mir bei den meisten etwas ein, womit ich ihnen Spaß am Shooting entlocken kann. Aber natürlich gibt es hier und da noch Exemplare, die sehr schwierig zu motivieren sind. Insbesondere ältere Semester können eine Herausforderung sein. Diejenigen, die vielleicht schon nicht mehr so gut hören und/oder sehen und vielleicht auch schon alles gehört und gesehen haben im Leben und daher mich mit meinen albernen Geräuschen eher zu bemitleiden scheinen. Da kann man sich sehr zum Affen machen, um ihnen für einen Bruchteil einer Sekunde einen interessierten Gesichtsausdruck zu entlocken. Welpen dagegen, die eigentlich zumeist noch alles spannend finden, empfinde ich als nicht so schwer zu fotografieren.

 

 

Mit welcher Kamera fotografierst du zur Zeit und welche Objektive befinden sich immer in deiner Kameratasche?

Ich fotografiere mit den Kameras der Fujifilm X Serie. Mein Arbeitstier für alles ist die Fujifilm X-T3. Sie ist superfix, was natürlich für die Tierfotografie von großem Vorteil ist. Außerdem liebe ich die Handhabung der Kameras der X-Serie.

Im Studio fotografiere ich viel mit dem Fujinon XF 16-55 mm f/2.8. Es bietet mir sowohl für verschrobenere Weitwinkel-Portraits als auch für elegantere Aufnahmen Spielraum in der Brennweite. Ansonsten liebe ich Festbrennweiten. Meine Lieblingsfestbrennweiten sind das Fujinon XF 16mm f/1.4 und das Fujinon XF 90 mm f/2 für elegante Portraits und auch Bewegungsaufnahmen. Möchte ich für Kundenhunde draußen so flexibel wie möglich aufgestellt sein, wähle ich das Fujion XF 50-140 mm f/2.8, das keine Wünsche offenlässt.

 

 

Hast du für unsere Leser einen Tipp für die eigene Fotografie mit (Haus)Tieren?

Wichtig ist natürlich vor allem der Umgang mit dem Tier. Ein Hund oder auch eine Katze hat so gar kein Interesse daran, portraitiert zu werden. Hier gilt also belohnen, belohnen, belohnen. Ruhe und Geduld sollten eh oberste Devise sein. Die Ausrüstung muss beherrscht werden, damit man nicht mit allzu langem Gefummel an den Knöpfen und Rädern das Tier langweilt.

Fotografieren Sie das Tier möglichst auf Augenhöhe oder sogar ein kleines bisschen von weiter unten, auch wenn es ein Dackel ist. Da liegt dann schonmal das eigene Kinn auf dem Boden. Aber ich sag ja: Ein Hoch auf Klappdisplays! Eine Perspektive auf Augenhöhe ist einfach emotionaler, direkter, persönlicher.

 

 

Die Augen des Tieres sollten scharf abgebildet werden und Lichtpunkte enthalten. Wir schauen bei einem Foto von einem Menschen oder einem Tier zumeist zuerst auf die Augen. Der Himmel beispielsweise kann sich als helle Fläche abzeichnen. Sind die Augen ohne Glanz und dunkel abgebildet, fehlt es dem Bild an Leben. Augenschmadder sollte nicht Teil eines Tierportraits sein, wenn es sich nicht um eine Dokumentation über Straßentiere handelt. Wenn man nicht ständig am Hund rumwischen möchte, ist da natürlich Photoshop dein Freund.

Achten Sie auf einen einheitlichen Hintergrund, der nicht mit dem Motiv konkurriert. Das Tier kann sich durch Farbkontraste oder natürlich Unschärfe des Hintergrundes von diesem abheben. Für Letzteres ist ein lichtstarkes Objektiv sehr hilfreich.

 

 

Versuchen Sie, direkten Blickkontakt einzufangen. Dies ist leichter mit einem Teleobjektiv zu erreichen, da der Winkel eher die Täuschung zulässt, dass das Tier in die Kamera schaut, wenn wir ein Objekt der Begierde neben die Kamera halten. Schön ist aber auch, wenn man es hinbekommt, selber hinter der Kamera spannende Geräusche zu machen. Zuweilen reicht schon ein Flüstern oder man fiept, miept, piept. Auch hier gilt: weniger ist mehr. Das Tier sollte nicht vor Schreck das Weite suchen. So manch abgebrühter Senior reagiert aber vielleicht erst auf eine Jagdpfeife oder ein Kazoo. So was hab ich immer in der Fototasche.

Lassen Sie mehr Platz in Bewegungs- und Blickrichtung.

Was das Licht angeht, liebe ich persönlich helle, bedeckte Tage, aber die Stunden direkt nach Sonnenaufgang und Sonnenuntergang sind vom Licht her die angenehmsten.

Versuchen Sie, Eigenarten des Tieres einzufangen. Überlegen Sie, was Ihr Tier ausmacht oder was es besonders gut kann. Kann Ihr Hund Männchen? Vielleicht können Sie die Ausführung eines Tricks festhalten. Oder schaut Ihre Katze gerne am Nachmittag verträumt aus dem Fenster? Halten Sie typische Momente fest. Das schafft wunderbare Erinnerungen.

Viel Spaß beim Ausprobieren.

 

Elke Vogelsang
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