INTERVIEW MIT VANESSA WUNSCH

18.01.2024

INTERVIEW MIT VANESSA WUNSCH

Die Fotografin Vanessa Wunsch hat sich auf Portrait- und Peoplefotografie spezialisiert. In unserem Interview erhaltet ihr Einblicke in ihre Arbeitsweise und erfahrt wertvolle Tipps für die Portraitfotografie, die auch für euch nützlich sein können.


Wie bist du zur Fotografie gekommen und was war deine erste Kamera?


Mein Opa war sehr Fotografie verrückt und hat mir schon als ich sehr klein war immer seine Fotos und Kameras gezeigt. Als ich jünger war, habe ich aber erst mal mit den klassischen kleinen Digi-Cams angefangen und einfach meine Freundinnen fotografiert oder im Urlaub.

Ich erinnere mich noch, dass ich super unzufrieden mit der Qualität war und habe mich dann langsam immer weiter an „bessere“ Kameras herangetastet. Das manuelle und „richtige“ Fotografieren habe ich dann erst sehr viel später während meines Modedesign-Studiums gelernt. Tatsächlich dann auch auf Opas alter Minolta Kamera Dynax 7d. Ich hatte mehr Spaß daran, meine Kollektionen zu fotografieren als sie zu entwerfen.

Meine erste richtige Kamera war später die Canon 70d mit der klassischen Festbrennweite 50mm 1.8 und einem Zoom Tamron 24-70mm 2.8. Mit der habe ich das manuelle Fotografieren so richtig gestartet.

Fotos: Vanessa Wunsch

In deiner Fotografie findet die Portrait-/Peoplefotografie einen besonderen Stellenwert. Was fasziniert dich an der Arbeit mit Menschen?


Nach meinem Studium habe ich mehrere Jahre für ein Designer-Schuh-Label in Berlin gearbeitet und dort auch fotografiert und Konzepte ausgearbeitet. Mir hat aber immer sehr das Gesicht und Emotionen gefehlt, da der Fokus ja immer auf den Füßen und Schuhen lag. Also habe ich dann angefangen privat mehr Portraits und auch mal Paare zu fotografieren. Die Emotionen und Geschichte dahinter habe ich so sehr geliebt, dass die Kombination aus Portrait / Mode / Produkt zu meiner liebsten Kategorie geworden ist.

Für mich braucht es tatsächlich immer Menschen, um eine Geschichte zu erzählen oder ein Gefühl rüberzubringen, auch um einem Produkt Leben einzuhauchen. Ich liebe es, gemeinsam kreativ zu sein und eine Verbindung zu meinen Models aufzubauen. Ich merke einfach immer wieder, dass ich vor allem durch Menschen inspiriert bin und das in Verbindung mit einer Story, Location, Produkt … macht mir einfach unglaublich viel Spaß.

Fotos: Vanessa Wunsch

Was macht für dich ein besonders gutes Portrait aus?


Ich fotografiere selten ohne Konzept oder Idee dahinter. Es soll immer eine kleine Geschichte erzählen und die Location, die Outfits und Mood zusammenpassen.

Ich liebe es gemeinsam mit dem Model oder Kunden kreativ zu arbeiten und mir die Atmosphäre beim shooten sehr wichtig. Mir liegt es am Herzen, eine entspannte und fast „freundschaftliche“ Beziehung zum Model und zu allen Beteiligten am Set zu pflegen.

Dies trägt zu einer Atmosphäre bei, in der jeder sich fallen lassen und wohlfühlen kann. Man kann diese Stimmung deutlich auf den Fotos erkennen. Solche Bedingungen sind entscheidend, damit am Ende ein authentisches und hochwertiges Bild entstehen kann.

Fotos: Vanessa Wunsch

Mit welcher Kamera fotografierst du zurzeit und welche Objektive sind Standard in deiner Fototasche?


Ich fotografiere mit einer Sony Alpha 7 III  und einer Sony Alpha 7 IV  welche ich vor allem für Video benutze. Beim Shooten habe ich auf einer Kamera immer das Sigma Art 35mm F1.4 . Mit dieser mache ich alle Full Body Shots. Auf der anderen Kamera wechsle ich zwischen dem Sony Zeiss 55mm F1.8  und dem Sony 85mm F1.8  für Portraits und Close-ups. Neu in meinem Kamerarucksack ist das Tamron 35-150mm F2-2.8  welches sich tatsächlich mittlerweile als mein Lieblingsobjektiv herausgestellt hat. Ich habe mich jetzt oft dabei erwischt auch ganze Jobs fast nur damit zu schießen.

Ich habe einen Doppelgurt, an dem beide Kameras dranhängen. Dadurch kann ich während des Shoots mit beiden Kameras arbeiten und muss weniger wechseln.

Bei Hochzeiten oder wenn ich mit Aufsteckblitz blitze, benutze ich auch gerne mein Tamron 28-75mm F2.8  oder auch wieder das Tamron 35-150mm F2-2.8. Mit den Zoom Objektiven kann ich einfach viel schneller reagieren und habe eine größere Flexibilität. Ich arbeite meistens auch nicht offenblendiger als 2.8. Meine Blitze sind die von Godox V 1 für Sony.

Falls die Lichtsituation mal etwas schwieriger ist und ich auch nicht blitzen mag, habe ich auf der anderen Kamera immer noch das lichtstarke Sony 35mm mit der F1.4 Blende .

Mit dem Set-up bin ich super zufrieden und liebe das Fotografieren mit den spiegellosen Sonys. Für mich ist das Preis-Leistungs-Verhältnis der Sony A7 III  einfach unschlagbar.

Für private Zwecke habe ich immer meine Fujifilm X100V in der Tasche. Da ich nie die Zeit habe private Fotos nachzubearbeiten, ist das für mich die optimale Lösung mit einem der vielen Presets aka „Filmsimulation“ das Bild out of Cam in einem wunderschönen Look direkt auf mein Handy zu schicken.

Fotos: Vanessa Wunsch

Wo liegen für dich die größten Herausforderungen in deiner Fotografie?


Eine große Herausforderung bin schon mal ich selbst. Ich habe extrem hohe Ansprüche an mich und denke immer, dass ich es noch besser hätte machen können. Nach dem Shoot analysiere ich die Bilder und schaue, was ich nächstes Mal anders machen würde.

Auch ist es als selbstständige Fotografin natürlich ein ständiges Auf und Ab in jeglicher Hinsicht. Wenn man seine Leidenschaft zum Beruf macht, bedeutet „Fotografie“ plötzlich auch „Business“ und da hängt so viel mehr dran, als einfach nur Fotos machen.

Du musst dich mit Steuern und Buchhaltung auseinandersetzen und eine Balance finden zwischen Marketingaktivitäten, freien Shoots für das Portfolio und dem eigentlichen Business – wie Zoom Calls, Verträge aufsetzen, Rechnungen schreiben, Akquise und die Website aktuell halten.

Fotos: Vanessa Wunsch

Wo findest du deine ausdrucksstarken Modelle und welche Kriterien sind dir bei der Auswahl wichtig?


Sowohl meine KundInnen als auch meine Models kommen eigentlich immer über Instagram. Die Plattform ist wirklich stark, wenn es um connecten und Leute kennenlernen geht.

Prinzipiell kann mich jeder buchen, egal ob Influencer, Brand oder Privatperson. Wenn ich Models für ein Brand-Shooting suche, dann mache ich das aber oft über Modelagenturen. Das macht es meist leichter, da bei kommerziellen Jobs ohnehin die Agentur der richtige Ansprechpartner ist.

Es ist wichtig, dass das Model zur Brand passt. Wenn ich ein freies Projekt umsetze, arbeite ich gerne mit Models zusammen, die auch kreativ sind und eine eigene Ästhetik mitbringen. Ich versuche immer etwas Abwechslung hineinzubringen und liebe es, wenn das Model ihren eigenen Stil einbringt.

Fotos: Vanessa Wunsch

Du schaust dir deine Bilder nach einem Shooting an. Was haben die Bilder, die dir besonders gut gefallen an sich?


Da ich so viele verschiedene Dinge fotografiere, kommt das sehr auf den Job an. Das Model muss gut „angekommen“ aussehen, oftmals ist die Pose oder der Gesichtsausdruck noch nicht fertig. Wenn ich für eine Brand Bilder auswähle, achte ich natürlich auch auf das Produkt, während es bei einem Paarshoot eher um Emotionen und den Moment geht als darum, wie ein Kleid fällt oder ob das Licht schön auf das Parfüm fällt. Bei einem Portrait geht es manchmal auch einfach um die Körperhaltung oder den Winkel oder den Gesichtsausdruck. Dazu kommt dann natürlich auch noch die Bildqualität – sitzt der Fokus, ist das scharf, was auch scharf sein soll, stimmt der Bildausschnitt usw. Ich wähle Bilder auch immer sehr in „Strecken“ aus. Verschiedene Winkel, interessante Perspektiven und ich achte sehr darauf, dass von Ganzkörperbildern, halbnahen bis Close-up von allem etwas dabei ist.

Fotos: Vanessa Wunsch

Vielen Dank! Zum Abschluss... welchen einfachen, aber wirkungsvollen Tipp hast du für unsere LeserInnen, die vielleicht selbst Fashion- oder Portraitbilder machen möchten? Welchen einfachen, aber wirkungsvollen Tipp hast du für unsere LeserInnen, um ihre Portraitfotografie zu verbessern?


In meinen Augen ist es einfach das Beste wirklich viel auszuprobieren und viel zu fotografieren. Durch das viele Herumprobieren merkt man dann, was zu einem passt und was nicht. Am Anfang habe ich von Pro Mist Filter bis farbiges Licht der Rollei Stäbe so viel ausprobiert, um herauszufinden, was mein Stil und was meine Ästhetik ist und wie ich was am besten benutze. Durch das viele Fotografieren lernt man einfach am meisten und wird sicherer im Umgang mit der Kamera, dem Licht und aber auch seiner Kommunikation. Ich finde auch wirklich das nachträgliche Analysieren des Shootings und der Bilder hilft enorm, um herauszufinden, was gut geklappt hat und was man hätte besser oder anders machen können. Ich nehme wirklich aus jedem Shoot oder Job den ich mache neue Erkenntnisse mit.

Auch finde ich es sehr hilfreich, sich Vision Boards zu machen und Inspiration zu sammeln, um herauszufinden, was einem gefällt und wo man hin möchte. Gerade am Anfang ist es am einfachsten freie Shoots zu organisieren, in denen man seinen Stil zeigen kann. Dabei wird man über die Zeit immer professioneller und irgendwann kann man auch einen Fashion-Stylisten und Haare Make-up Stylisten dazu holen.