INTERVIEW MIT CAROLIN THIERGART

29.06.2023

INTERVIEW MIT CAROLIN THIERGART

In unserem heutigen Blogbeitrag dreht sich alles um Carolin Thiergart, eine talentierte Fotografin, die in ihren Bildern die Kunst des Tanzes mit der Umgebung auf einzigartige Weise verbindet. Einige von euch kennen ihre Fotografien aus der aktuellen Fujifilm X-S20 Kampagne. In unserem Interview mit Carolin erfährst du mehr über ihre Arbeitsweise und wie sich FotografIn und TänzerIn in ihrem kreativen Prozess bereichern können.

 

Hallo Carolin, wie bist du zur Fotografie gekommen und was war deine erste Kamera?

Oh, eine spannende Frage, dabei war das ein total natürlicher Prozess. Bereits in der Kindheit hatte ich großen Spaß daran, zu fotografieren. Zu meinem 15. Geburtstag bekam ich meine erste Kamera, eine FujiFilm X10.

Über Social Media und das Internet ließ ich mich damals von anderen KünstlerInnen inspirieren und begann selbst meine Fotos dort zu teilen. Mein Ziel war damals einfach, die schönen Dinge im Alltag zu entdecken und festzuhalten.

Die ersten 5 Jahre fotografierte ich hauptsächlich Gegenstände in der Natur, Freunde, Street und Stillleben. Ich hatte Freude daran und sah es als eine Challenge, es möglichst ästhetisch und künstlerisch aussehen zu lassen.

Erst 2019, als ich 20 war, fing ich an meine beiden Leidenschaften, Ballett und Fotografie, zu kombinieren.

  

Eine Tänzerin in einem schwarzen Tutu sitzt anmutig auf dem Boden und lehnt sich an eine Glaswand in einem hellen Studio.Eine Tänzerin in einem schwarzen Tutu sitzt anmutig auf dem Boden und lehnt sich an eine Glaswand in einem hellen Studio.
Foto: Carolin Thiergart
Bild 1: Eine Tänzerin in einem roten Kleid posiert vor einer Glaswand eines Gebäudes. Bild 2: Eine Tänzerin in Schwarz-Weiß nimmt eine elegante Pose vor einer Betonfläche ein.Bild 1: Eine Tänzerin in einem roten Kleid posiert vor einer Glaswand eines Gebäudes. Bild 2: Eine Tänzerin in Schwarz-Weiß nimmt eine elegante Pose vor einer Betonfläche ein.
Fotos: Carolin Thiergart

 

Du bist dafür bekannt, die Kunst des Tanzes und der Bewegung gestalterisch mit der Umgebung zu verbinden. Welche Elemente müssen für dich zusammenkommen, um eine einzigartige Tanzfotografie zu erschaffen?

Ich versuche oft die Tanzbewegung mit den Linien und Perspektiven der Location zu kombinieren. Hier kann man auch mit Kontrasten spielen, wie Licht und Schatten, klassisch und modern, bunt und neutral oder bewusst Komplementärfarben finden.

Natürlich spielt im Ballett die korrekte Tanztechnik eine große Rolle, während es bei Contemporary Dance oder in der Zirkusartistik deutlich kreativer wird und weniger „streng“ ist.

Als Hauptelement würde ich die TänzerInnen selbst sehen – jeder bringt eine andere Geschichte, Charakter, Stil und Ausdruck mit. Viele haben über Jahre einen eigenen Kleidungs- und Tanzstil entwickelt, der sich so nirgends wiederfinden lässt. Sich darauf einzulassen, Spaß zu haben, gemeinsam kreativ zu sein und offen für spontane Ideen zu bleiben, bringt eigentlich immer die besten Ergebnisse.

 

Eine Frau mit langen geflochtenen Haaren und gelber Mütze springt vor einer großen Fensterfront eines modernen Gebäudes.Eine Frau mit langen geflochtenen Haaren und gelber Mütze springt vor einer großen Fensterfront eines modernen Gebäudes.
Foto: Carolin Thiergart
Ein Mann springt spektakulär von einem weißen Metallgeländer an einem modernen Gebäude.Ein Mann springt spektakulär von einem weißen Metallgeländer an einem modernen Gebäude.
Foto: Carolin Thiergart

 

Du durftest die aktuelle Kampagne zur Fujifilm X-S20 fotografieren, wie hat dir die Kamera gefallen und wie bist du an das Projekt ran gegangen?

An der X-S20 hat meiner Meinung nach die lange Batterielaufzeit, ihre geringe Größe und die Autofokusverfolgung überzeugt. Dort merke ich im Vergleich zu meiner jetzigen X-T3 einen wesentlichen Unterschied. Auch liegt die X-S20 mit dem größeren Griff deutlich besser in der Hand. Persönlich bevorzuge ich allerdings den Look und die Bedienräder an der X-T3, aber das ist reine Geschmackssache.

Die Idee zu den Motiven hatte ich relativ schnell: Um die Autofokusverfolgung richtig gut auszureizen, wollte ich einerseits schnelle Sprünge und Bewegungen, andererseits auch mehrere TänzerInnen in Bewegung gleichzeitig einfangen. Für letzteres habe ich mich für eine neutrale Location entschieden, die aber mit der Steigung der Mauer eine interessante Dynamik ins Bild bringt.

 

Eine Tänzerin in schwarzer Kleidung springt vor einer weißen Ziegelwand, während ein anderer Tänzer in brauner Kleidung auf dem Boden liegt.Eine Tänzerin in schwarzer Kleidung springt vor einer weißen Ziegelwand, während ein anderer Tänzer in brauner Kleidung auf dem Boden liegt.
Foto: Carolin Thiergart

 

Das Projekt war tatsächlich eine größere Herausforderung für die TänzerInnen und mich. Das Shooting fand Anfang März statt, als zwar die Sonne schien, die Temperaturen allerdings unter null lagen. Bei der Planung ging es viel darum, welche Outfits gut aussehen, Körperlinien für die Tanzbewegungen ausreichend zeigen und trotzdem so warm wie möglich halten.

Das Verletzungsrisiko ist bei kalten Muskeln deutlich höher. Ein Risiko, welches man bei professionellen TänzerInnen eher ungern eingeht. Um dies zu vermeiden, haben wir oft gewechselt, Pausen zum Aufwärmen in einem Café oder beheizten Auto eingebaut.

Dazu kam: Bei kommerziellen Projekten ist die Herangehensweise noch mal etwas anders. Hier kommen Themen wie Locationmiete, Musiklizenzen und Drehgenehmigungen hinzu. An der Stelle möchte ich ein großes Lob und dickes Dankeschön an das Team von Boheifilm aussprechen, die bei der Einholung der verschiedenen Genehmigungen und Lizenzen so tatkräftig unterstützt haben.

 

Drei Tänzer in verschiedenen Posen vor einer weißen Ziegelwand, einer in der Luft, einer auf dem Boden und einer in einer Kampfstellung.Drei Tänzer in verschiedenen Posen vor einer weißen Ziegelwand, einer in der Luft, einer auf dem Boden und einer in einer Kampfstellung.
Foto: Carolin Thiergart

 

Wie läuft die Planung deiner Shootings im Allgemeinen ab?

Persönlich versuche ich tatsächlich so wenig wie möglich zu planen. Gemeinsam mit den TänzerInnen werden eine oder mehrere Locations und verschiedene Outfits ausgewählt. Im Anschluss mache ich mir Gedanken, zu welcher Tageszeit es dort vom Licht am schönsten ist.

Viel Spielraum bleibt dort meist aber eh nicht, da die TänzerInnen mit Trainings, Proben und Aufführungen so eingespannt sind, dass am Ende nur ein bestimmtes Zeitfenster zur Verfügung steht.

Über die Jahre habe ich für mich entdeckt, dass mir Spontanität, Flexibilität und teils auch reines Improvisieren die besten Ergebnisse liefert. Gerade in der Zusammenarbeit mit anderen KünstlerInnen ist das Beste wirklich: Einfach machen und gemeinsam kreativ sein.

 

Bild 1: Ein Tänzer in weißem Hemd und schwarzer Hose springt vor einem historischen Gebäude. Bild 2: Eine Tänzerin in gelber Kleidung balanciert auf einem Geländer eines modernen Gebäudes. Bild 1: Ein Tänzer in weißem Hemd und schwarzer Hose springt vor einem historischen Gebäude. Bild 2: Eine Tänzerin in gelber Kleidung balanciert auf einem Geländer eines modernen Gebäudes.
Fotos: Carolin Thiergart

 

Mit welcher Kamera und welchen Objektiven fotografierst du zurzeit und wo liegen für dich die Vorteile bei deinem Set-up?

Ich fotografiere mit der Fujifilm X-T3, meistens in Kombination mit dem Fujinon XF 16-55mm F2.8 R LM WR. Das Objektiv ist quasi mein immer-drauf und bietet große Flexibilität, wenn man schnelle Bewegungen einfangen möchte.

Des Weiteren arbeite ich gerne mit der Festbrennweite Fujinon XF 50mm f2 R WR. Ich besitze außerdem das SIGMA 30mm F1,4 DC DN | Contemporary und das SIGMA 56mm F1,4 DC DN | Contemporary. Die drei Objektive nutze ich gerne in lichtschwachen Situationen, für mehr Bokeh oder wenn das Set-up besonders klein und leicht sein soll.

Für das Fotografieren in den Opernhäusern und Theatern aus dem Publikumsraum nutze ich aufgrund der größeren Distanz das Fujinon XF 50-140 mm 2.8 R LM OIS WR. Bei beiden Zoom Objektiven schätze ich die konstant bleibende Blende beim Zoomen.

 

Bild 1: Eine Tänzerin in rotem Kleid macht eine Pose vor einem modernen Glasgebäude. Bild 2: Eine Frau posiert vor einer weißen Betonwand.Bild 1: Eine Tänzerin in rotem Kleid macht eine Pose vor einem modernen Glasgebäude. Bild 2: Eine Frau posiert vor einer weißen Betonwand.
Fotos: Carolin Thiergart

 

Worauf achtest du bei der Gestaltung deiner Bilder besonders? Welche Rolle spielt die Spontanität in der Gestaltung deiner Bilder?

Ich würde sagen, ich achte besonders auf die Bewegungen und deren Linien in Kombination mit der Bildkomposition. Dazu kommen Faktoren wie Licht & Schatten.

Die Spontanität spielt eine sehr bedeutende Rolle. Oft sind die besten Aufnahmen diejenigen, die in einem Moment der Improvisation entstehen. Dadurch wird es erst möglich, den einzigartigen Ausdruck und die individuelle Kreativität der TänzerInnen einzufangen. Es geht darum, den Fluss des Tanzes zu erfassen und auf unerwartete Momente zu reagieren.

Durch diese Spontanität erhalte ich lebendige und authentische Bilder.

 

Bild 1: Ein Tänzer in orangefarbener Hose sitzt auf einer Betonrampe vor einem Gebäude mit horizontalen Lamellen. Bild 2: Eine Tänzerin in einem gemusterten Kleid tanzt vor einem Gebäude mit horizontalen Glaslamellen.Bild 1: Ein Tänzer in orangefarbener Hose sitzt auf einer Betonrampe vor einem Gebäude mit horizontalen Lamellen. Bild 2: Eine Tänzerin in einem gemusterten Kleid tanzt vor einem Gebäude mit horizontalen Glaslamellen.
Fotos: Carolin Thiergart
Ein Tänzer in grauer Kleidung springt vor dem Berliner Fernsehturm.Ein Tänzer in grauer Kleidung springt vor dem Berliner Fernsehturm.
Foto: Carolin Thiergart

 

Was ist dir bei der Kommunikation mit den TänzerInnen besonders wichtig?

Vor einem Shooting finde ich es wichtig, Erwartungen und Vorstellungen bezüglich der gewünschten Bilder deutlich zu kommunizieren. Dies umfasst unter anderem Informationen über den gewünschten Stil, die Atmosphäre und die Posen.

Während des Shootings versuche ich den Fokus auf die Zusammenarbeit zu legen: Ich möchte die Kreativität und Ideen der TänzerInnen in den fotografischen Prozess einbeziehen. Ich höre auf ihre Vorschläge und bin offen für ihre eigenen Interpretationen der Tanzbewegungen. Gleichzeitig lege ich viel Wert auf gegenseitiges Feedback und eine vertrauensvolle Atmosphäre.

 

Bild 1: Eine Tänzerin in gelber Kleidung macht einen Handstand vor einem modernen Gebäude mit der Aufschrift "James-Simon-Galerie". Bild 2: Eine Tänzerin in gemustertem Outfit sitzt auf einer Betonrampe vor einem modernen Gebäude.Bild 1: Eine Tänzerin in gelber Kleidung macht einen Handstand vor einem modernen Gebäude mit der Aufschrift "James-Simon-Galerie". Bild 2: Eine Tänzerin in gemustertem Outfit sitzt auf einer Betonrampe vor einem modernen Gebäude.
Fotos: Carolin Thiergart

 

Vielen Dank, zum Abschluss … Welche einfachen, aber wirkungsvollen Tipps hast du für unsere Leser, die ähnliches einmal ausprobieren wollen?

Gerne doch! Lege den Fokus auf das Einfangen von Bewegung und Emotion: Bei der Tanzfotografie geht es darum, die Dynamik und Ausdruckskraft des Tanzes einzufangen.

Versuche, auf die Bewegung der TänzerInnen zu achten und die entscheidenden Momente einzufangen, die Energie und Emotionen vermitteln. Bei bestimmten Tanzarten hilft es zudem sehr, sich im Vorfeld über wesentliche Charakteristiken der korrekten Tanztechnik zu informieren.

Und sollte das nicht funktionieren: Kommunikation und Feedback einholen! Ich lasse die TänzerInnen immer schon während des Shootings einen Blick auf die Bilder werfen. Sie wissen selbst am besten, wo Ihre Stärken liegen und wo Verbesserungsbedarf ist – und man kann als FotografIn aus diesem Prozess dazulernen.

 

Bild 1: Eine Tänzerin in schwarzem Tutu tanzt unter einem Glasdach. Bild 2: Ein Künstler führt eine Feuerperformance an der Fassade eines pinkfarbenen Gebäudes durch.Bild 1: Eine Tänzerin in schwarzem Tutu tanzt unter einem Glasdach. Bild 2: Ein Künstler führt eine Feuerperformance an der Fassade eines pinkfarbenen Gebäudes durch.
Fotos: Carolin Thiergart