INTERVIEW MIT FRANZ BAAKE

20.05.2016

INTERVIEW MIT FRANZ BAAKE

Von der Fotografie kam er zum Film – zunächst als Kameramann, dann als Regisseur. Für seinen Beitrag zu den Fimfestspielen 1962 „Test for the West: Berlin“ erhielt er den Silbernen Bären, 1974 gab es für den Film „Schlacht um Berlin“ die Oscar-Nominierung.

Wir freuen uns, Franz Baake mit einer kleinen Ausstellung über den „ganz alltäglichen Mikrokosmos“ auf der SCHAU! 2016 zu zeigen.

 

Guten Tag Herr Baake, wie sind Sie zur Fotografie gekommen?

Als ich zwölf Jahre alt war, schenkte mir meine Mutter ihre 'Box', mit der sie in ihren Jungmädchenjahren fotografiert hatte. Das war ein kleiner schwarzer Kasten aus Pappe, mit dem man mit einem Rollflilm 8 Bilder machen konnte. Damit begann meine Leidenschaft und Leidenszeit, denn es war Krieg und es gab kaum Filme. Und wenn – selten genug – die Fotogeschäfte beliefert wurden, dann verkauften die Ladenbesitzer die wenigen Exemplare natürlich ihren guten Kunden und keinem kleinen Jungen, von dem sie nicht erwarten konnten, daß er ihnen teure Ware abkaufen würde. Und zweitens litt ich unsäglich darunter, dass ich mit dieser 'Box' nicht in der Lage war, Belichtungszeit, Entfernung und Blende einzustellen. Und man konnte auch nur bei strahlendem Sonnenschein fotografieren.

Von einem Händler hatte ich einen Katalog von dem damals führenden Fotogeschäft 'Schaja' geschenkt bekommen, in dem all die wunderbaren Kameras abgebildet und beschrieben waren, die es damals auch noch zu kaufen gab. Ich kannte ihn sehr schnell auswendig. Aber obwohl meine Eltern recht wohlhabend waren, bekam ich keinen besseren Apparat mit der Begründung: Dazu sei ich noch zu klein... Dann kam das Kriegsende, und alles Geld war futsch.

Ich war sehr früh auf mich allein gestellt, arbeitete zeitweise auf dem Bau als Malergehilfe, oder als Hausbursche in einem Geflügelgeschäft usw., bis mir das Lette-Haus die Gelegenhait gab, aus einem Hobby einen Beruf zu machen. Ich bestand die Gesellenprüfung und arbeitete zunächst als Fotograf.

 

    

 

In Ihrer kommenden Ausstellung auf der Fotomesse SCHAU! 2016 wird es um den "ganz alltäglichen Mikrokosmus" gehen. Wie kam es zu diesem Thema?

Ich hatte entdeckt, dass statische magnetische Felder zellphyiologische Veränderungen hervorrufen können und dadurch die Möglichkeit bekommen, in einer Forschungsgruppe für Mikromorphologie zu arbeiten. Während dieser Zeit habe ich viel mikroskopiert. Dabei entstanden mit Hilfe verschiedener technischer Verfahren, wie  Dunkelfeld, Phasenkontrast und polarisiertem Licht faszinierende Bilder. Damals nahm ich mir vor, später einmal zu versuchen, diese Vorgehensweise künstlerisch zu nutzen. Jahre vergingen, bis ich mir dann doch einmal ein binokulares Mikroskop kaufte mit dem Ziel, seltene Materialien zu untersuchen. Da ich die zunächst nicht da hatte, prüfte ich das Mikroskop mit dem, was im Haus gerade zu Hand war. Von der Vielfältigkeit und Schönheit unseres "ganz alltäglichen Mikrokosmos" überrascht, blieb ich dabei. Es ahnt doch kein Mensch, dass Hühnereiweiß bei entsprechender Vergrößerung und in polarisiertem Licht wie ein vergoldetes Renaissance-Tor von Versaille erscheint...

 

   

 

Es geht die Geschichte um, dass Sie vor langer Zeit einmal einen Schuhkarton mit Geld gegen ein Objektiv bei Foto Meyer eingetauscht haben. Was steckt hinter dieser Geschichte?

Hinter dieser Gechichte steckt, dass ich wieder einmal kein geld hatte, aber  einen Auftrag bekommen konnte, für den ich aber ein ganz bestimmtes Objektiv brauchte, was ich nicht besaß. Es war eine Gewohnheit von mir, Kleingeld, wenn sich zu viel in meinen Taschen gesammelt hatte, in einen Schuhkarton zu werfen. Den nahm ich nun und wanderte zu Foto Meyer, einem Laden, der erst vor kurzem aufgemacht hatte. Inhaber war ein junges Paar von wirklich seltem guten Aussehen. Dann stand ich vor Bernd Meyer und sagte: "Ich brauche das und das Objektiv, an Geld habe ich nur, was in diesem Karton ist. Wie viel es ist, weiß ich nicht. Entweder Sie nehmen den Karton und geben es mir das Objektiv, oder ich gehe wieder."   Da nahm Bernd Meyer den Karton, hielt ihn lange in den Händen, hob ihn dann Empor und blickte zum Himmel. Nach dieser Geste setzte er ihn wieder ab, griff hinter sich in eins der Regale und gab mir das Objektiv.   Bis heute weiß ich nicht, wieviel Geld damals in dem Karton gewesen ist.

 

   

 

Ihre großen Erfolge hatten Sie dann letztendlich im Film als Regisseur. Wie hat Sie die Fotografie darauf vorbereitet?

Durch einen Zufall konnte ich für einen erkrankten Kameramann einspringen. Obwohl ich vorher noch nie gedreht hatte, half mir meine fotografischen Ausbildung, die ungewohnte Aufgabe zu bewältigen. Und zu meinem eigentlichen Durchbruch – wenn ich das einmal so nennen darf, kam es auch durch die Fotografie:   Ein Freund von mir hatte an der Columbia University in New York ein Stipendium bekommen und fühlte sich sehr fremd und einsam. Immer wieder bat er mich dringend, ihn zu besuchen. An sich war das ein reizvoller Gedanke. Aber nur so als Besucher wollte ich diese Reise nicht machen. Ich kam auf die Idee, einen Lichtbildvortrag über Berlin zu gestalten. Das besondere an ihm war, dass ich ihn auf 6x6 Diapositiven aufnahm, was in Verbindung mit einem hervorragenden Leitz-Projektor ganz einmalige Bilder auf der Leinwand ergab. Als Einleitung wünschte ich mir ein Vorwort von Willy Brandt. Eine persönliche 'message' für die Amerikaner. Tatsächlich schrieb mir Brandt einen ganz hervorragenden Text. Durch diesen Vortrag entstand ein Film über Berlin: Test for the West – Berlin, der als offizieller Beitrag der Bundesrepublik einen 'Silbernen Bären' bekam.

Die Ausstellung "Ganz alltäglicher Mikrokosmos" von Franz Baake können Sie auf der Fotomesse SCHAU! 2016 am 27. und 28. Mai besuchen.

Auf der SCHAU! 2016 können Sie außerdem die Gewinner unseres Fotowettbewerbs MIKRO|MAKRO aus einer Auswahl herausragender Beiträge wählen. 

 

Wir freuen uns auf Sie!