FOTOSCHULE TANSANIA – DAS INTERVIEW MIT JÖRG HERRMANN

24.02.2015

FOTOSCHULE TANSANIA – DAS INTERVIEW MIT JÖRG HERRMANN

Zwei Wochen lang war unser Kollege Jörg Herrmann unterwegs in Tansania, um für Africa Amini Alama zehn jungen Massai- und Meru-Studenten die Grundkenntnisse der Fotografie zu vermitteln. Letztendlich hat er selbst viel gelernt!

 

Hallo Jörg, erst einmal willkommen zurück von deiner aufregenden Reise! Wir haben ja bereits von deinem Projekt in Tansania berichtet, nun sind wir auf weitere Details gespannt. Vielleicht erklärst du das Projekt kurz noch einmal mit deinen eigenen Worten.

Hallo Marco, die Reise war wirklich aufregend und das Projekt sehr spannend. Es ging darum, zehn jungen Massai und Meru im Norden Tansanias das Fotografieren beizubringen. Dazu haben wir (mein Fotografenkollege Helmut Ranegger und ich) zehn Sony Alpha 58 samt Zubehör nach Momella gebracht. Das Ganze fand in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungshilfeprojekt Africa Amini Alama statt. Ziel war es, den Kids eine berufliche Basis zu schaffen. Soll heißen, sie sollen mit der Fotografie Geld verdienen und somit sich selbst und ihre Familien unterstützen können. Jeder Teilnehmer hat jetzt die Kameraausrüstung zunächst für ein Jahr auf Leihbasis zur Verfügung. Sollten die Kids in einem Jahr noch dabei sein, geht die Kamera in ihr Eigentum über.

Noch zur Info: Momella liegt zwischen den beiden höchsten Bergen Tansanias Mount Meru und Kilimanjaro.

 

Von links nach rechts: Jörg Herrmann (Instructor), Goodluck, Mike (English Teacher), Edmund, Harry (hinten), Yohanna, Lazarro, Teresia, Sofia, Eva, Helmut Ranegger (Instructor), Stella und Samson (IT -Teacher) ©Africa Amini Alama

   

©Jörg Herrmann

     

©Harry

    

©Yohana

 

Das klingt nach einer anspruchsvollen Aufgabe. Es muss ein tolles Gefühl sein, diesen jungen Menschen dabei zu helfen, für sich etwas aufzubauen. Gleichzeitig entsteht sicherlich der Anspruch, den Teilnehmern möglichst viel beizubringen. Wie viel Lehrstoff passt in zwei Wochen?

Das war die größte Herausforderung, die Zehn hatten ja noch nie etwas mit der Fotografie zu tun. Zum ersten Mal hatten sie so ein Ding in der Hand. Und die Kameras sind schon sehr vollgestopft mit Funktionen. Hinzu kommt, dass das Ganze in Englisch stattfand, also auch noch in einer Sprache, in der sich die Kids nicht grad zuhause fühlen. Aber deren Englischkenntnisse waren deutlich besser als unser Kisuaheli.

Es gab drei Bereiche, die wir immer wieder bearbeitet haben: Die Kamera und ihre wichtigsten Funktionen. Grundlagen der Fotografie und ganz viel Praxis. Und das war wirklich kein einfaches Unterfangen. Wir haben jeden Tag von 9 bis 16 Uhr die Schüler gefordert. Ich zähl mal auf...

Zur Kamera: Autofokus, Programm-, Zeit- und Blendenautomatik, Zeit und Blende, der ISO-Wert, Weißabgleich, Belichtungsmessung, die ganzen Standardeinstellungen, die Gefahren des versehentlichen Verstellens, das ganze Menu, Dateiformate etc.

Die Grundlagen: Bildgestaltung, Farblehre, Licht, Standort und Perspektive, Brennweiten, Schärfentiefe etc. Und eben ganz viel praktische Anwendungen. Und wir haben sogar noch etwas Bildbearbeitung besprechen und anwenden können.

Den Unterricht mit der „polepole“ (ganz langsam) Mentalität der Kids zu verbinden war zudem manchmal etwas herausfordernd. Da brauchte man viel Geduld, auch wenn zwei Wochen nicht allzu lang sind.

 

©Jörg Herrmann

    

©Jörg Herrmann

    

©Jörg Herrmann

   

©Jörg Herrmann

 

Am Ende der zwei Ausbildungswochen gab es noch einen Fotowettbewerb und zum Abschluss eine kleine Feier. Erzähl uns doch bitte ein bisschen davon!

Zur Abschlussfeier waren die Eltern eingeladen, die auch fast alle kamen. Es gab eine kleine Ausstellung mit den Bildern aus dem Fotowettbewerb und einigen der Resultate aus den vergangenen zwei Wochen.

Nach einer kurzen Rede von Cornelia Wallner, der Leiterin von Africa Amini Alama (Link) erhielten alle Schüler das ersehnte „Certificate“. Das hat sowohl die Schüler als auch die Eltern sehr stolz gemacht. Danach gab es die Preisverleihung.

Die Themen des Wettbewerbs waren Porträt, Landschaft und ein Bild freier Wahl. Es gab viele schöne Beiträge. Preise waren ein Weltmeister-Trikot der deutschen Nationalmannschaft, ein Rodenstock Polarisationsfilter und ein Manfrotto Einbeinstativ. Der Gewinner durfte sich seinen Preis aussuchen (das Bild von Harry mit dem Trikot spricht Bände).

Nach dem gemeinsamen Mittagessen dann war plötzlich alles vorbei. Die Kids sind mir schon sehr ans Herz gewachsen. Ich bin gespannt, was es gebracht hat. Spätestens in einem Jahr wissen wir mehr.

 

©Harry

   

©Theresia

    

©Edmund

    

©Jörg Herrmann

    

©Jörg Herrmann

 

Was waren für dich/euch die größten Herausforderungen, was die dankbarsten Augenblicke?

Ohje. Nicht die Geduld verlieren, immer wieder alles wiederholen, das fiel mir nicht immer leicht. Aber die Kids waren einfach wahnsinnig dankbar für alles was wir ihnen beigebracht haben. Und wir hatten auch sehr viel Spaß miteinander.

 

  

Neben den tollen Eindrücken der Natur und Landschaft – ich habe die Bilder von deinem Zelt und den Blick aus deiner „Haustür“ gesehen –, was hast du für dich von dieser Reise mitgenommen?

Marco, dafür reicht hier der Platz nicht. Ich habe sehr viel mitgenommen. Zum einen habe ich festgestellt, wie wahnsinnig gut es uns geht. In der Gegend um Momella ist die Armut riesig. Die Menschen dort sind trotzdem alle super freundlich und lächeln immer. Das Projekt Africa Amini Alama, das sich dort für Gesundheit und Bildung einsetzt, hat mich sehr beeindruckt. Die Kinder aus dem Waisenhaus gehen mir nicht aus dem Kopf.

Natürlich hat mich auch die Gegend vollkommen in den Bann gezogen. Mal kurz ein/zwei Kilometer spazieren gehen und du kannst mit ein wenig Glück Giraffen, Büffel, Zebras und andere wilde Tiere sehen. Kühe, Schafe, Ziegen und Esel sieht man sowieso an jeder Ecke. Und das vor der tollen Kulisse der Berge Meru und Kilimanjaro. Es war toll.

 

©Jörg Herrmann

   

©Jörg Herrmann

    

©Jörg Herrmann

    

©Jörg Herrmann

    

©Jörg Herrmann

    

©Jörg Herrmann

    

©Jörg Herrmann

    

©Jörg Herrmann

 

Dieses Projekt hätte nicht ohne gewisse Sponsoren stattfinden können, richtig? Ich denke, man darf Ihnen an dieser Stelle noch einmal für ihre Unterstützung Dank aussprechen.

Ja klar, das muss man auch an dieser Stelle. Ein ganz herzlicher Dank zunächst mal den Spendern, die den Kauf der Kameras möglich gemacht haben. Sony hat sich hier großzügig beteiligt. Je näher das Projekt rückte, umso mehr Firmen haben sich engagiert. So stehen nach dem Workshop allen Teilnehmern noch ein Vanguard Dreibeinstativ, ein Canon Fotodrucker, ein Telezoom, ein Dörr Faltreflektor, Ersatzakkus usw. zur Verfügung. Ich nenne einfach mal alle Sponsoren: Sony habe ich bereits erwähnt. Canon, Vanguard, Olympus, Manfrotto, Crumpler, Kaiser Fototechnik, Dörr Foto und nicht zu vergessen Foto Meyer. Ganz herzlichen Dank an alle!

 

©Jörg Herrmann

   

©Jörg Herrmann

    

©Jörg Herrmann

 

Jörg, wenn du zur Zeit mal nicht in Neuseeland, Australien oder Afrika unterwegs bist… was sind deine liebsten Orte, um in Berlin zu fotografieren?

Höre ich da etwas Neid heraus? Normalerweise bin ich auch nicht in so kurzer Zeit so viel unterwegs. Hat sich halt so ergeben. In Berlin gibt es viele Orte, an denen ich gerne fotografiere. Sehr gern bin ich im neuen Park am Gleisdreieck unterwegs aber auch in Kreuzberg und in Mitte.

 

Wenn jemand diese Reisen verdient hat, dann bist du das, Jörg. Ich danke dir für das Gespräch!